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Wie kann die vergangene Zeit vom Beobachter abhängen?

Das Zwillingsparadoxon führt manchmal zu Verwirrungen. Es handelt sich dabei um ein Gedankenexperiment, also um die Veranschaulichung der Aussagen einer Theorie. Im Zwillingsparadoxon wird oft die Geschichte von zwei eineiigen Zwillingen erzählt, von denen einer auf eine mehrjährige Expedition zu einem anderen Stern fliegt, während der andere auf der Erde wartet. Nach vielen Jahren kehrt der Reisende heim und findet, dass sein Bruder viele Jahre älter ist als er selbst. Mit diesem Gedankenexperiment soll veranschaulicht werden, dass die Zeit für bewegte physikalische Objekte langsamer vergeht als für ruhende (siehe das Zwillingsparadoxon in einem Satz).

Nun fragen aber einige Skeptiker, wie das gehen soll. Das Jahr sei schließlich durch den Umlauf der Erde um die Sonne definiert. Wie viele Umläufe die Erde nun zwischen Abflug und Rückkehr des Reisenden absolviert hat, kann natürlich nicht für die Zwillinge unterschiedlich sein. Das ist aber nicht die Aussage des Zwillingsparadoxons. Die Erde wird ja nicht mit dem Reisenden mitbewegt und bewegt sich deshalb nach dem Zeitablauf, nach dem auch die Uhren des verbleibenden Zwillings gehen. Nur die Vorgänge an Bord der Rakete sind gegen die Vorgänge auf der Erde verlangsamt. Das betrifft den Pulsschlag des Reisenden, seine Alterung und nicht zu letzt die gesamte Bordelektronik und die Uhren an Bord. Da wirklich alles an Bord der Rakete um den selben Faktor langsamer abläuft, merkt der Reisende selbst nichts davon. Für ihn funktioniert alles wie immer. (Das ist Aussage des Relativiätsprinzips.) Man kann den Umstand, dass alles gleichartig verlangsamt ist, am einfachsten durch eine Verlangsamung der Zeit an Bord der Raketen beschreiben. Für den Reisenden Zwilling verlangsamt sich also nicht der Umlauf der Erde um die Sonne, der bleibt von der Reise unbeeindruckt. Es ist die Zeit an Bord der Rakete die langsamer abläuft. Der Reisende kehrt nach der Anzahl von Jahren zurück, die für seinen Bruder vergangen sind. Für den Reisenden selbst ist in dieser Spanne aber weniger Zeit vergangen: Er ist weniger gealtert und seine Uhr hat weniger Sekunden gezählt.

Hin- und Rückreise

Insgesamt hat der Reisende also weniger Zeit erlebt als der auf der Erde verbliebene Zwilling. Was aber sieht er während der Reise? Aufgrund der endlichen Lichtlaufzeit braucht das Licht bei der Reise von der Erde weg zunehmend länger um den Reisenden zu erreichen. Der Reisende wird also auf dem Hinweg in seinem Teleskop sehen, dass die Erde langsamer um die Sonne kreist. Auf dem Rückweg wird die Lichtlaufzeit dagegen zunehmend kürzer und er beobachtet schnellere Umdrehungen. Diese scheinbare Verringerung und Erhöhung der Umlauffrequenz wird als Dopplereffekt bezeichnet. In der speziellen Relativitätstheorie kommt bei Hin- und Rückreise noch die Zeitdilatation hinzu. Der beide Effekte enthaltende relativistische Dopplereffekt gleicht sich daher nicht vollständig aus, die Erhöhung der Frequenz bei der Rückreise ist stärker. Damit sieht der Reisende auf der nach seiner Uhr kürzeren Reise die gleiche Anzahl von Umdrehungen der Erde um die Sonne.

Experiment

Das Zwillingsparadoxon ist übrigens keine reine Phantasie. Es ist nur eine Übertreibung. Bei wirklichen Messungen handelt es sich nur um Zeitdifferenzen von Bruchteilen einer Sekunde. Experimente an bewegten Uhren wurden erstmals 1971 von Hafele und Keating durchgeführt. Heute kann der Effekt ständig am Global Positioning System überprüft werden. Auch der relativistische Dopplereffekt ist experimentell sehr genau belegt.

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Letzte Änderung: 10.04.2007

© Joachim Schulz