Impressum
Inhalt
RELATIVITÄTSPRINZIP.INFO

Wie kann Masse von der Geschwindigkeit des Beobachters abhängen?

Der Begriff relativistische Masse wird heute in der professionellen Physik nur noch selten verwendet. Statt dessen hat es sich eingebürgert, die Ruhemasse zu verwenden, diese ist nicht beobachterabhängig. Sie ist eine Invariante bezüglich der Lorentztransformation. Dennoch findet man in kurzen Zusammenfassungen der Relativitätstheorie oft die Aussage, in der Relativitätstheorie sei die Masse von der Geschwindigkeit abhängig. Der Grund dafür ist, dass relativistisch die Trägheit eines Körpers mit der Geschwindigkeit so zunimmt, dass ein Körper nicht die Lichtgeschwindigkeit erreichen kann. Definiert man Masse also als Maß der Trägheit nach der berühmten Newtonschen Formel F=ma, so muss die Masse m von der Geschwindigkeit abhängen.

Sehr praktisch ist auch, dass mit dieser Massendefinition die Gleichung für die Bewegungsenergie eines Körpers inklusive Ruheenergie besonders einfach wird. Ein bewegter Körper hat die Energie E=mc². Auch diese Formel der speziellen Relativitätstheorie ist gut bekannt.

Die geschwindigkeitsabhängige Masse führt aber manchmal zu Verwirrungen. So bin ich bei Diskussionen auf die Frage gestossen, wie denn die Masse von der Geschwindigkeit eines Beobachters abhängen kann. Wenn ein und der selbe Körper von verschiedenen, zueinander bewegten Beobachtern registriert wird, muss der doch mehrere unterschiedliche Massen haben. Geht denn das?

Die Lösung dieses Rätsels ist, dass die relativistsche Masse eben keine Eigenschaft des Objektes mehr ist, sondern eine dynamische Größe, die vom Bewegungszustand abhängt. Man erkennt an der Formel E=mc², dass Energie E und relativistische Masse m durch die Konstante ineinander umgerechnet werden können. Die relativistische Masse ist also einfach eine andere Einheit für die Bewegungsenergie eines Objektes. Deshalb wird sie auch nur noch so selten benutzt.

Dass nun eine Größe, die die Bewegungsenergie beschreibt, vom Beobachter abhängig ist, ist keine Spezialität der Relativitätstheorie. Auch in der Newtonschen Mechanik ist die kinetische Energie E=½mv² von der Geschwindigkeit abhängig. Wirft man zum Beispiel einen 100 g schweren Ball in einem Zug, der sich mit 100 km/h bewegt, mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h nach vorne. So hat er für einen Beobachter im Zug eine kinetische Energie von etwa 1,5 Joule. Für einen am Bahndamm stehenden Beobachter hat dieser Ball eine Geschwindigkeit von 120 km/h und damit eine kinetische Energie von 55,6 Joule. Diese 36 mal größere kinetische Energie beschreibt den Umstand, dass der selbe Ball mehr Energie übertragen würde, wenn er auf ein am Bahndamm stehendes Objekt prallen würde als wenn er auf ein im Zug ruhendes Objekt prallt. Es ist also durchaus sinnvoll dass dynamische Größen vom Beobachter abhängen.

Letzte Änderung: 10.02.2007

© Joachim Schulz