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Was besagt die Testtheorie von Mansouri und Sexl?

Kurze Antwort: Die Testtheorie von Mansouri und Sexl ist eine Theorie möglicher Transformationen zwischen Bezugssystemen, die es ermöglicht die Übereinstimmung von Experimenten mit der speziellen Relativitätstheorie in Zahlen zu fassen. Sie ist keine eigentliche physikalische Theorie, die in Konkurrenz zur speziellen Relativitätstheorie oder zu Äthertheorien steht und macht keinerlei Vorhersagen zum Ausgang von Experimenten.

Längere Antwort: 1977 veröffentlichten Reza Mansouri und Roman U. Sexl in der Zeitschrift General Relativity and Gravitation eine Reihe von drei Fachartikeln mit dem Titel A Test Theory of Special Relativity. Diese Testtheorie wird manchmal so dargestellt, als handle es sich um eine Alternative zur speziellen Relativitätstheorie, in der der kosmische Mikrowellenhintergrund ein ausgezeichnetes Bezugssystem ist.

Tatsächlich haben die Autoren jedoch nichts dergleichen geschrieben. Sie bezeichneten die Hintergrundstrahlung lediglich als einen besseren Kandidaten für ein ausgezeichnetes Bezugssystem, als es das Sonnensystem zur Zeit Einsteins war. Ob es solch ein ausgezeichnetes System überhaupt gibt und wie wahrscheinlich ein solches ist, ließen sie offen. Es war kein Ziel dieser Reihe von Veröffentlichungen, eine Alternative zur speziellen Relativitätstheorie anzubieten.

Ziel einer Testtheorie ist vielmehr eine Systematik zu erstellen, anhand der man die spezielle Relativitätstheorie experimentell überprüfen (also testen) kann. Konkret haben Mansouri und Sexl erarbeitet, wie sich mögliche Abweichungen von den Vorhersagen der speziellen Relativitätstheorie auswirken würden und wie man das in Zahlen fassen kann.

In der Newtonschen Physik nahm man an, dass die Zeit- und Lägenmaßstäbe in allen Inertialsystemen gleich sind und es eine absolute Gleichzeitigkeit gibt. Daraus folgt, dass die Transformation zwischen einem Inertialsystem (T,X,Y,Z) und einem hierzu in X-Richtung mit der Geschwindigkeit v bewegten Inertialsystem (t,x,y,z) nach der Galileotransformation vorgenommen werden muss:

t=T
x=X - v T
y=Y
z=Z

In der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein nimmt man dagegen an, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen konstant und isotrop ist und kommt so auf die Lorentztransformation:

t=T / γ(v) - v x / c2
x=γ(v) ( X - v T )
y=Y
z=Z

In ihrer Testtheorie haben Mansouri und Sexl nun keine alternative Annahme eingebracht, sondern eine ganz allgemeine lineare Transformation zwischen Koordinatensystemen angegeben:

t=a(v) T + ε x + ε1 y + ε2 z
x=b(v) ( X - v T )
y=d(v) Y
z=d(v) Z

Die Testtheorie enthält also die unbekannten Funktionen a(v), b(v) und d(v). Diese Funktionen werden nicht von der Testtheorie vorgegeben. Sie können experimentell ermittelt werden. Die Funktionen ε, ε1 und ε2 dagegen werden durch die Vorschrift zur Uhren-Synchronisation festgelegt. Sie enthalten keine physikalische Information und spiegeln die Definition von Gleichzeitigkeit wieder.

Stellt man nun experimentell fest, dass die Funktionen a(v), b(v) und d(v) im Rahmen der Messgenauigkeit alle konstant Eins sind und legt ε, ε1 und ε2 auf Null fest, so geht die Testtheorie in die nicht-relativistische Theorie über und man hat eine Bestätigung für die Galileotransformation. Die Festlegung der Synchronisation ε=ε12=0 bedeutet dabei, dass die Uhren alle relativ zu einem ausgezeichneten Ruhesystem (in dem die Lichtgeschwindigkeit nicht von der Richtung abhängt) synchronisiert werden.

Erhält man dagegen a(v)=1/γ(v) (Zeitdilatation) und b(v)=γ(v) (Längenkontraktion) und definiert Gleichzeitigkeit so, dass ε(v)= -v / c2 gilt, so geht die Transformation der Testtheorie in die Lorentztransformation über und das Experiment unterstützt die spezielle Relativitätstheorie, in der die Lichtgeschwindigkeit in jedem Inertialsystem unabhängig von der Richtung ist. Die Synchronisation der Uhren kann hierbei sowohl über langsamen Uhrentransport als auch über den Austausch von Lichtimpulsen definiert werden.

Quelle

A test theory of special relativity: I. Simultaneity and clock synchronization, Reza Mansouri and Roman U. Sexl (1977)

Letzte Änderung: 12.10.2007

© Joachim Schulz