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Relativistische Effekte erdgebundener Koordinaten

Die bisher erklärten Effekte treten in der Newtonschen Physik ebenso auf, wie in der Relativitätstheorie. Es ist vielleicht etwas verwunderlich, dass auch in der Relativititätstheorie richtungsabhängige Lichtgeschwindigkeit vorkommt. Das steht scheinbar im Widerspruch dazu, dass die Invarianz der Lichtgeschwindigkeit eine Grundlage der Relativitätstheorie ist. Auch in der speziellen Relativitätstheorie gelten die einfachsten physikalischen Regeln jedoch nur in Inertialsystemen. In rotierenden Koordinaten sehen die Gesetze anders aus und beinhalten eben auch den Sagnac-Effekt, mit dem man die Rotation des Systems ohne Bezug auf die Außenwelt nachmessen kann.

Im Rahmen der Relativitätstheorie hat der Sagnac-Effekt zudem eine weitere Konsequenz. Transportiert man eine genau gehende Uhr langsam um den Äquator, so ergibt die relativistische Rechnung, dass diese gegenüber einer stationären Uhr ihre Synchronisation verliert. Eine in östliche Richtung transportierte Uhr geht nach dem Transport um 207,4 Nanosekunden (ns) nach. Eine nach Westen rund um den Äquator transportierte Uhr geht um den selben betrag gegenüber einer stationären Uhr vor. Dieser Effekt wurde im 1971 im Experiment von Hafele und Keating demonstriert, in dem nach Osten transportierte Uhren tatsächlich messbar zurückblieben, während in Westrichtung transportierte Uhren deutlich vorgingen.

Zeitkoordinaten sind in einem rotierenden Koordinatensystem wie unsere Erde also gar nicht so einfach zu definieren. In der internationalen Atomzeit und der koordinierten Weltzeit wird die Zeit nach der Sekunde definiert, die man auf einer bestimmten Höhe messen würde. Der Sagnac-Effekt muss bei genauen Zeitvergleichen immer herausgerechnet werden.

Aufgrund der Längenkontraktion und Zeitdilatation treten laut Relativitätstheorie weitere Effekte im rotierenden Koordinatensystem auf. So sind die Maßstäbe, die zum Beispiel den Meter definierten in einem Inertialsystem um so kürzer, je schneller sie sind. In einem rotierenden Koordinatensystem verkürzen sich damit die Maßstäbe um so mehr, je weiter man sich von der Rotationsachse entfernt. Dadurch misst man für einen Kreis mit Radius R um die Rotationsachse einen längeren Umfang als 2πR. Der Raum erscheint so verzerrt, dass die Geometrie, nach der der Umfang immer durch 2πR gegeben ist, nicht mehr stimmt. Die Zeitdilatation besagt zudem, dass physikalische Vorgänge um so langsamer ablaufen, je schneller das Objekt in einem Inertialsystem ist. In einem rotierenden Koordinatensystem, vergeht die Zeit deshalb mit zunehmender Höhe immer langsamer. Uhren, die weit von der Achse entfernt sind, bleiben also zunehmend gegenüber dicht an der Achse liegenden Uhren zurück.

Diese relativistischen Effekte werden auf der Erde durch zusätzliche Effekte der Gravitation modifiziert. Auf die Gravitation muss ich aber später zurückkommen, wenn ich beschleunigte Koordinatensysteme behandelt habe.

Letzte Änderung: 20.10.2011

© Joachim Schulz